Research Overview
Transforming Empire: Japanese technical assistance and education in postwar Asia
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Transforming Empire: Japans technische Unterstützung und Bildung für Asien in der Nachkriegszeit
seit Februar 2024
Anknüpfend an Entwicklungen vor 1945 avancierte die bilaterale technische und wirtschaftliche Unterstützung nach dem Zweiten Weltkrieg schnell zu einem wichtigen Eckpfeiler der japanischen Außenpolitik gegenüber den neu entstehenden Nationalstaaten in Asien. Hilfsprogramme, die allmählich in einen institutionalisierten Rahmen wie die Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) überführt wurden, trugen zum Ausbau von Industrie- und Bildungsinfrastrukuren in den Empfängerländern bei. Zugleich konnten sie auch der Verwirklichung wirtschaftlicher und diplomatischer Ziele der Gebernation Japan dienen. Laut OECD wurden 2021 mehr als 60 Prozent der bilateralen Bruttoentwicklungshilfe Japans an asiatische Länder vergeben, was die Bedeutung der Region für Japan zusätzlich unterstreicht. Während sich Ziele und Methoden der praktischen Umsetzung seit dem Beginn der Entwicklungshilfe in den 1950er-Jahren kontinuierlich verändert haben und sich wandelnde Dynamiken auf internationaler Ebene widerspiegeln, war der Diskurs über Entwicklungshilfe stets auch ein Ausdruck des japanischen Selbstverständnisses vis-a-vis Asien und den Vereinigten Staaten während des globalen Kalten Krieges.
Das Projekt befasst sich mit der grundlegenden Rolle von Bildungsprogrammen und -infrastrukturen im Kontext der japanischen Entwicklungshilfe und ihren gesellschaftspolitischen Implikationen. Um die komplexe Dynamik des Wissenstransfers in Ost- und Südostasien zu beleuchten, konzentriert sich die Analyse auf mehrere Kernfragen: Zunächst soll eine Reihe von Fallstudien, wie zum Beispiel die Kumoh Technical High School in Südkorea oder das Nonthaburi Telecommunication Training Center in Thailand, untersucht werden. Anhand dieser Beispiele erforscht das Projekt die Verbreitung, Umsetzung und Adaption der japanischen technischen Unterstützung und Bildung seitens verschiedener Interessengruppen, einschließlich öffentlicher und privater Akteure und Organisationen sowohl in den Empfängerländern als auch in Japan.
In einem zweiten Schritt hinterfragt das Forschungsprojekt traditionelle historische Narrative und Periodisierungen, die häufig Brüche zwischen kolonialen Bestrebungen der Vorkriegszeit und den entwicklungspolitischen Strategien der Nachkriegszeit betonen. Transformation, Konsolidierung und Aufrechterhaltung der japanischen Bildungs- und Entwicklungsparadigmen von der späten Kolonialzeit bis in die Nachkriegsära stehen dabei im Mittelpunkt der Analyse. Hierdurch sollen die vielfältigen Strategien sichtbar gemacht werden, mit deren Hilfe Japan das schwierige Terrain zwischen nationalen Bestrebungen postkolonialer Gesellschaften und der sich daraus ergebenden Neuordnung der regionalen Beziehungen vor dem Hintergrund des Kalten Krieges navigierte.
Drittens geht die Untersuchung auch der Frage nach, wie diese Bildungs- und Entwicklungsinitiativen zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in den Empfängerländern beitrugen und zugleich Japans Einfluss in der Region konsolidierten. In einem vierten und letzten Schritt untersucht das Projekt außerdem die wechselseitigen Auswirkungen der japanischen Entwicklungshilfe auf die eigene Gesellschaft und das Selbstverständnis als Geberland – hier auch vor dem Hintergrund der jüngsten Verschiebungen des globalen wirtschaftlichen Kräfteverhältnis innerhalb Asiens. Durch diese vielschichtigen Perspektiven möchte das Projekt zu einem differenzierteren Verständnis der Rolle Japans bei der Gestaltung der Bildungs- und Industrielandschaft Asiens sowie ihrer Kontinuitäten und Brüche mit der (Vor-)Kriegszeit beitragen. Zudem liefert das Projekt Einblicke in die breiteren innenpolitischen und sozialen Implikationen seiner transregionalen entwicklungspolitischen Initiativen.