Bildersprache der Nation: Geschlecht, „Rasse” und Kultur in japanischen und deutschen Frauenzeitschriften während des Krieges
März 2006 - Juni 2007
Bei Konzepten zur Nation und zu Nationalismen ist es wichtig, die diskursiven Strategien zu betrachten, mit denen die Kategorien Geschlecht, “Rasse” und Kultur nationalistische Ansprüche für Männer und Frauen annehmbar und wünschbar machen. Eine dieser Strategien bedient sich der Produktion und Komposition von Bildern, die oft eine eigene Narration transportieren. Dementsprechend wendet sich die historische Forschung seit einiger Zeit von der alleinigen Berücksichtigung schriftlicher Quellen auch dem Gebrauch und den Effekten von Bildern in der historischen Sinnproduktion zu.
In ihrer vergleichenden Forschung über nationalistische Agenden in Japan und Deutschland während der Kriegszeit stellt Andrea Germer die Bildsprache der politischen Frauenzeitschriften mit den höchsten Auflagen in beiden Ländern in den Mittelpunkt und untersucht deren Verwendung im Dienste des Nationalstaates und der Mobilisierung der Gesamtbevölkerung für den „totalen Krieg“. Die Zeitschriften Nippon Fujin (Die Japanische Frau) und NS Frauenwarte waren die Organe der jeweiligen staatlich gleichgeschalteten Frauenvereinigungen: N.S. Frauen-Warte wurde zwischen 1932 und 1945 als die ideologische Publikation der nationalsozialistischen Frauenorganisation N.S. Frauenschaft publiziert; und Nippon Fujin, die von 1942 bis 1945 erschien, erfüllte die gleiche Funktion für die offizielle und für alle japanischen Frauen bestimmte Dai Nippon Fujinkai (Großjapanische Frauenvereinigung).
Auf der Basis ihrer Analyse dieser kulturellen und politischen, jedoch dezidiert staatlich orientierten Zeitschriften untersucht Germer Ähnlichkeiten und Unterschiede beider Länder in der nationalistischen Nutzung der Kategorien Geschlecht, Kultur und „Rasse“ sowie die sich mit Fortgang des Krieges verändernde Darstellung dieser Kategorien. Folgende Leitfragen stehen dabei im Mittelpunkt: In welcher Weise werden Frauen und Männer in diesen Zeitschriften dargestellt und welche Identifikationsmodelle werden angeboten? Welche Rolle spielen rassistische Ideologien, wie sind diese mit den Kategorien Geschlecht und Kultur als anderen Signifikanten von Differenz und Hierarchie verschränkt, und wie werden sie bildlich vermittelt? Wie werden visuelle kulturelle Signifikanten nationalistisch genutzt und wie werden interkulturelle Bezüge zwischen Deutschland und Japan hergestellt? Mit Blick auf die AutorInnen der Zeitschriften und auf die Konfiguration von bildlichem und schriftlichem Material argumentiert Germer, dass sich die deutsche und die japanische Kriegspropaganda in unterschiedlicher Weise nicht nur der stereotypen Bilder der Frau als Mutter und des Mannes als Soldat bediente, sondern sich auch emanzipatorische Rollenbilder zur Mobilisierung beider Geschlechter zunutze machte.