Ethnographische Methoden in Erziehung und Soziologie: Schulleben aus interkultureller Perspektive
8. Juli 1998
Susanne Kreitz-Sandberg
Ethnographische Methoden wurzeln in der Anthropologie, wurden jedoch in den Vereinigten Staaten seit den 1920er Jahren auch in der Soziologie eingesetzt. Dadurch hat sich ihr Charakter von einem rein beobachtenden Verfahren hin zu einer Methode entwickelt, die verschiedene Datenerhebungsformen wie Interviews, Dokumentensammlung und andere meist qualitativ orientierte Methoden miteinander kombiniert. In der vergleichenden Forschung wurden solche Verfahren häufig eingesetzt, und gegenwärtig ist in der japanischen Erziehungssoziologie ein Trend hin zu ethnographischen Methoden zu verzeichnen. Dies wurde zum Anlaß genommen, die Entwicklung der Methoden in verschiedenen Forschungskulturen und ihre Möglichkeiten in der vergleichenden Erziehungswissenschaft zu untersuchen.
Einleitend referierte Susanne Kreitz-Sandberg (DIJ) über den Stand ethnographischer Methoden in der sozialwissenschaftlichen Forschung, insbesondere der deutschen und der japanischen Bildungssoziologie. David H. Slater (Sophia Universität/ University of Chicago) untersuchte in seinem Vortrag anhand seiner eigenen ethnographischen Forschungserfahrungen in öffentlichen Oberschulen in Tōkyō die Frage, ob bzw. wie Modelle, die eine Besonderheit der japanischen Gesellschaft ins Zentrum der Analyse stellen, sich mit soziologischen Konzepten verknüpfen lassen und inwiefern ethnographische Studien einen Beitrag zur Gesellschaftsanalyse auf der Makroebene leisten können. Miyazaki Ayumi (Harvard University) präsentierte ein Forschungsprojekt, in dessen Zentrum geschlechtsspezifische Subkulturen an Schulen standen. Yamada Yōko (Universität Tsukuba) berichtete in ihrem Vortrag über ihre teilnehmende Beobachtungen an Berliner Gesamtschulen zur Rolle von Sozialpädagogen bei der sozialen Integration ausländischer Jugendlicher.
Der Workshop machte die vielseitigen Möglichkeiten ethnographischer Methoden deutlich, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – die Diskussion am runden Tisch ein Forum war, in dem auch die Schwierigkeiten solcher qualitativer Forschungsansätze abgehandelt werden konnten. Zwei der Vorträge wurden auf Englisch, zwei weitere auf Japanisch gehalten. Zusätzliche schriftliche Zusammenfassungen in beiden Sprachen ermöglichten es den Teilnehmern, den Ausführungen problemlos zu folgen und sich an der regen Diskussion in der Sprache ihrer Wahl zu beteiligen.